Eltern/(Wahl)Familie

Trans* in der Familie

Die Familie als sicherer Ort 

Jeder Mensch wünscht sich ein familiäres Umfeld, das Geborgenheit, Liebe und Halt bietet. Familie kann großen Einfluss auf die Entwicklung junger Menschen, ihr Selbstwertgefühl und ihr Selbstbewusstsein nehmen. 

Die Sorge, „anders” zu sein und darum abgelehnt zu werden, beschäftigt Heranwachsende häufig. Wenn sie queer sind, kann es sogar eine noch größere Rolle für sie spielen. Umso wichtiger ist es, dass nichtbinäre und trans* Kinder und Jugendliche im familiären Umfeld gesehen und verstanden werden.

Junge trans*und nichtbinäre Menschen haben sich vielleicht schon lange mit ihrem inneren Coming-out befasst, bevor sie Eltern, Geschwister oder Freund*innen ins Vertrauen ziehen. Einige entwickeln bereits im Kindergartenalter genaue Vorstellungen der eigenen Geschlechtsidentität, die nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmen. Andere werden sich darüber erst zu einem späteren Zeitpunkt im Leben bewusst. Alle Wege sind gleichwertig. Jede Person hat ihr eigenes Tempo und ihre ganz persönliche Biografie.  

Wenn Sie offen und verständnisvoll auftreten, können Sie trans* und nichtbinären Kindern und Jugendlichen in ihrer Familie wertvolle Unterstützung bieten. Denn outet sich ihr Kind bei Ihnen als trans* oder nichtbinär, so dürfen Sie davon ausgehen, dass es Ihnen vertraut.
Er*sie macht Ihnen ein Beziehungsangebot und sucht – vielleicht zunächst auch indirekt – Ihre Unterstützung.

Gehen Sie mit diesem Vertrauensvorschuss verantwortungsvoll um:

  • Ermutigen Sie die Person, den eigenen Weg zu gehen. 
  • Fragen Sie konkret nach, was gewünscht wird und was Sie tun können. 
  • Akzeptieren und achten Sie Grenzen: Jeder Mensch ist anders. Und es gibt viele verschiedene Weisen, trans* und nichtbinär zu sein.

Miteinander im Lernprozess

Nachdem trans* Kinder und Jugendliche und nichtbinäre junge Menschen ihre Familie ins Vertrauen gezogen haben, beginnt meist eine Zeit des gemeinsamen Lernens: Manches klappt vielleicht von Anfang an ganz reibungslos. An anderer Stelle muss sich die Familiendynamik eventuell neu einspielen. 

Hilfreich kann dabei sein, dass Sie sich regelmäßig miteinander austauschen: Treffen Sie in der Familie gemeinsame Absprachen, die den Wünschen des Kindes bzw. des jungen Menschen entsprechen: 

  • Welcher Name und welche Pronomen sollen verwendet werden? Manche Menschen verwenden für sich gar keine Pronomen.
  • Welche Kleidung fühlt sich für die Person stimmig an?
  • Wer soll (wenn überhaupt) außerhalb der Familie (Kita, Schule, etc.) informiert werden?
  • Wie gehen wir mit Fehlern um? Wer korrigiert zum Beispiel wen, wenn ein unerwünschtes Pronomen verwendet wurde?

Diese Absprachen dürfen sich auch verändern. Daher sollten Sie regelmäßig mit der betroffenen Person darüber sprechen und Abmachungen, wenn nötig, anpassen. 

Eigene Gefühle und Gedanken wahrnehmen 

Möglicherweise verspüren Sie auch Unsicherheiten oder gar Ängste, wenn die Sprache auf die Themen trans* oder nicht-binär kommt. Dann ist es wichtig, dass Sie sich mit diesen Empfindungen auseinandersetzen. Geben Sie solchen Gedanken und Emotionen in sich Raum – jedoch nicht auf Kosten und zum Nachteil von trans* oder nicht-binären Personen.

→ Umgang mit den eigenen Gefühlen  

Die eigenen negativen Gefühle oder innerfamiliäre Konflikte sollten nie auf dem Rücken junger trans* und nichtbinärer Menschen ausgetragen werden. Stattdessen kann Unterstützung von außen hilfreich sein, beispielsweise durch eine Beratungsstelle oder eine Familien- oder Elterngruppe. Dort können Sie sich mit Menschen austauschen und vernetzen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben.

→ Angebote für Eltern* in NRW

Trans*sensibilität im Familienalltag – was Sie konkret tun können:

  • Hören Sie zu und akzeptieren Sie, was die Person Ihnen sagt. Trans*und nichtbinäre Kinder und Jugendliche sind die Expert*innen ihrer Sache: Sie allein wissen, welche Geschlechtsidentität und welcher Geschlechtsausdruck für sie stimmig ist.
  • Akzeptieren Sie den Namen und die Pronomen, die Ihr Familienmitglied für sich wählt. 
  • Üben Sie die Ansprache so oft wie möglich, auch, wenn Sie an die Person denken. 
  • Haben Sie den Mut, sich zu korrigieren, falls Ihnen bei der Ansprache ein Fehler unterlaufen sollte. Damit signalisieren Sie Ihrem Familienmitglied, dass Sie den Wunsch nach einer korrekten Ansprache respektieren.
  • Outen Sie eine Person niemals ohne deren ausdrückliche Zustimmung. Bieten Sie aber ggf. an, bei Gesprächen zu unterstützen oder zu begleiten.
  • Falls gewünscht, begleiten Sie die Person bei der Findung eines für sich stimmigen Geschlechtsausdrucks, z. B. bei der Auswahl von Make-up, neuer Kleidung oder durch Unterstützung beim Kauf eines Binders, Packers oder anderer Hilfsmittel.

    → Trans* und Medizin
  • Suchen Sie nach queer- und trans*sensiblen Angeboten, Gruppen und Vereinen in Ihrer Nähe. Bieten Sie an, auf Wunsch dorthin zu begleiten.

    Liste Queerer Jugendtreffs in NRW (Fachstelle Queere Jugend NRW)

Weitere Lesetipps:
Altersgerecht mit Kinder über geschlechtliche Vielfalt oder Geschlechtsidentität sprechen: Buchempfehlungen für jedes Alter, z. B. in der Broschüre Trans* mit Kind (Kalle Hümpfner, Bundesverband Trans*, Dez. 2021).