Fachkräfte

Trans* im sozialen Umfeld

Die Lebensrealitäten von queeren Menschen werden im Alltag noch immer nicht ausreichend mitgedacht. Oft wird erwartet, dass junge trans* und nicht-binäre Menschen kostenlose Aufklärungsarbeit an Bildungseinrichtungen, in Vereinen oder bei Behörden und Institutionen leisten. 

Umso wichtiger ist es, dass Sie als Fachkraft in der Kinder- und Jugendhilfe trans* und nicht-binäre Kinder und Jugendliche unterstützen und ihnen in schwierigen Situationen im sozialen Umfeld Beistand leisten.

Angebote der Kinder- und Jugendhilfe sind allein schon von Rechtswegen aufgefordert, „die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen, Jungen sowie transidenten, nichtbinären und intergeschlechtlichen jungen Menschen zu berücksichtigen, Benachteiligungen abzubauen und die Gleichberechtigung der Geschlechter zu fördern.“1

Wie kann ich mein (erweitertes) Umfeld trans*freundlicher gestalten?

Als Fachkraft können Sie – auch mit wenig Aufwand – wertvolle Unterstützung anbieten und so trans* und nicht-binäre Kinder und Jugendliche spürbar entlasten. 

  • Setzen Sie sich im Vorfeld auch mit Ihren eigenen Vorurteilen auseinander. (→ Die eigene Haltung reflektieren und Das eigene Geschlecht reflektieren)
  • Überlegen Sie, wie Sie nach außen signalisieren können, dass Sie queeren Themen gegenüber offen sind: Das kann die Verwendung von gendersensibler Sprache sein. Oder Sie zeigen in Alltagsgesprächen eine queer- und trans*freundliche Haltung.
  • Sensibilisieren Sie auch Ihre Leitung und das Kollegium für diese Thematik. Je mehr Menschen sich einsetzen und das eigene Denken und Handeln reflektieren, desto größer ist die Chance, unsere Gesellschaft inklusiver, offener und trans*freundlicher zu gestalten.

Mut machen und Handlungsfähigkeit stärken

Wenn trans* und nicht-binäre Kinder und Jugendliche sich Ihnen gegenüber outen, dann gehen Sie verantwortungsbewusst mit diesen Informationen um. 

Vielleicht sind Sie der erste Mensch, den die junge trans* oder nicht-binäre Person ins Vertrauen zieht. Ihre Reaktion darauf kann eventuell einen bedeutenden Unterschied für die weitere Entwicklung der Person machen.

  • Outen Sie niemals eine Person gegen deren Willen. 
  • Ermutigen Sie die Person, zu sich und den eigenen Gefühlen und Gedanken zu stehen, wenn dies sicher für sie ist. 
  • Zeigen Sie Haltung gegenüber Personen im sozialen Umfeld der betreffenden Kinder und Jugendlichen. Machen Sie deutlich, dass Sie trans*feindliches Verhalten nicht akzeptieren.  
  • Erfragen Sie, was sich die Person konkret von Ihnen an Unterstützung wünscht. Klären Sie ab, wer aus dem sozialen Umfeld worüber informiert werden soll. 
  • Respektieren Sie stets die persönlichen Grenzen und die Privatsphäre der Kinder und Jugendlichen.

Kita und Schule

Besonders sehr junge trans* Kinder sind auf Ihre Unterstützung angewiesen. In einer Studie des Deutschen Jugendinstituts gaben mehr als ein Viertel aller befragten Personen an, dass sie sich über ihr Trans*sein schon immer im Klaren waren. Um trans* und nichtbinäre Menschen gleichberechtigt einzuschließen, sollte geschlechtliche Vielfalt bereits im Kita- und Grundschulalter thematisiert werden.2

Zudem können schon Kinder lernen, dass alle Menschen unterschiedlich sind. Eine frühe Auseinandersetzung mit verschiedenen Lebensrealitäten kann auch die Akzeptanz Anderer fördern und festigen.

Im alltäglichen Besuch von Kita oder Schule sind trans* und nicht-binäre Kinder und Jugendliche häufig mit belastenden Situationen konfrontiert. Gleichzeitig müssen sie diese Zwangsräume aufsuchen – oder aber mit weitreichenden Konsequenzen rechnen. 

Auch hier können Sie auf vielfältige Art und Weise unterstützen.


Extrem wichtig in allen Szenarien:

Halten Sie immer Rücksprache mit der jungen trans* bzw. nicht-binären Person. Unternehmen Sie keinen der nachfolgenden Schritte ohne das explizite Einverständnis oder gegen den Wunsch der trans* bzw. nicht-binären Person.
 

  • Je nachdem, wie sich die individuelle Sorgerechtssituation gestaltet, können Sie versuchen, die Eltern oder sorgeberechtigten Personen mit ins Boot zu holen. Fragen Sie die junge trans* bzw. nicht-binären Person, ob eine solche Unterstützung erwünscht ist und wie diese konkret aussehen kann. 
  • Eventuell gibt es Konflikte innerhalb der Familie, weil die junge Person dort keine oder wenig Akzeptanz erfährt. Zeigen Sie in diesem Fall Haltung gegenüber der Familie. Versuchen Sie aber auch, einen sensiblen, angstfreien und offenen Umgang miteinander zu fördern.
  • Machen Sie mit der jungen trans* bzw. nicht-binären Person – falls möglich auch mit Unterstützung der Familie – einen Plan, wie es weitergehen soll. Sie können beispielsweise anbieten, gemeinsam über eventuelle Chancen und Risiken nachzudenken:
  • Was spricht für/ gegen ein Coming-out in Kita, Schule oder Sportgruppe? 
  • Was können Gründe dafür sein, bestimmte Personen (nicht) zu informieren? 
  • Gibt es weitere Personen im sozialen Umfeld, die vielleicht unterstützen können?
    Gibt es trans* spezifische/ -inklusive Jugendangebote, die der*die Jugendliche besuchen könnte?

Unter Umständen kann es für junge trans* und nicht-binäre Personen auch hilfreich sein, eine queere bzw. trans*spezifische Beratungsstelle aufzusuchen. Falls gewünscht, stellen Sie sich als Begleitung für den ersten Besuch zur Verfügung oder bieten Sie an, sie bei der (online) Recherche zu unterstützen. 

Literatur mit Tipps und Handlungsempfehlungen:

Quellen

1) https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbviii/9.html
2)„Coming-out – und dann...?! Ein DJI-Forschungsprojekt zur Lebenssituation von lesbischen, schwulen,   bisexuellen und trans* Jugendlichen und jungen Erwachsenen“, Claudia Krell, Kerstin Oldemeier, Deutsches Jugendinstitut (S. 10-12)
3) Schule lernt lehrt Vielfalt / AWS_MAT18_Schule_lehrt_lernt_Vielfalt_Bd1